Der Walter-Hasenclever-Literaturpreis 2020 an die Schriftstellerin Marica Bodrožić sollte eigentlich am 22. November im Aachener Ludwig Forum verliehen werden. Aufgrund der Corona-Pandemie haben die Stadt Aachen und Vertreter der Walter-Hasenclever-Gesellschaft beschlossen, die Verleihung auf das kommende Jahr zu verschieben. Preisträgerin Marica Bodrožić freut sich riesig über die Auszeichnung und ihren geplanten Besuch im November 2021 in Aachen. Im Interview mit TOP Aachen verrät die deutsche Schriftstellerin kroatischer Abstammung, die in Berlin lebt, interessante Hintergründe zu ihrer Arbeit.

Frau Bodrožić, was verbindet Sie mit Walter Hasenclever?
Bodrožić: „Die geistige Offenheit seines Denkens und Dichtens, seine große Liebe zu den Menschen, seine Fähigkeit, sich auf das Helle auszurichten und das in vielen verschiedenen Formen zum Ausdruck zu bringen.“

Warum freuen Sie sich ganz besonders über die Auszeichnung?
Bodrožić: „Sie stützt und fördert mich auf meinem geistigen Weg, denn auf dem Schreiben ruht man sich nicht aus, man wächst und das bedeutet: lernen, lernen, lernen! Alles neu sehen, weitermachen.“

Was waren die Meilensteine Ihrer schriftstellerischen Karriere bis heute?
Bodrožić: „Das kann ich selbst nicht beantworten, am ehesten wohl, dass ich weiterschreibe. Das ist das einzige, was zählt, weiter zu machen, weiter zu denken – und schöpferisch tätig zu sein, neu zu sein.“
Wie beeinflusst Corona Ihre Arbeit?
Bodrožić: „Ich habe mit den digitalen Formaten überhaupt nichts zu tun, ich schreibe meine Texte mit der Hand und ich liebe meine Hand dafür, dass sie so viel schlauer ist als ich selbst es je sein kann. Der erste Lockdown hat mir jedenfalls ein Buch beschert, weil ich das gemacht habe, was ich immer mache, wenn ich herausfinden will, was ich denke: ich habe geschrieben. Und das werde ich auch weiterhin tun.“

Worum geht es in Ihrem Werk?
Bodrožić: „Es ist thematisch vielschichtig, aber alle meine Werke sind aus der geistigen Hinwendung zum Menschsein gespeist.“

Wie ist Ihr Stil?
Bodrožić: „Das müssen andere beantworten, ich versuche beim Schreiben nicht äußerlich zu denken, sondern mich von inneren Klangfarben und Räumen erobern zu lassen, die ich noch nicht kenne – deshalb schreibe ich.“

Im November 2021 freut sich die Stadt Aachen über ihren Besuch – Ihr erster in der Kaiserstadt?
Bodrožić: „Ja, leider kenne ich Aachen überhaupt nicht. Aber mein Mann hat in seiner Jugend in Aachen gelebt und ich durfte schon einmal in den Hochgenuss der Aachner Printen kommen, weil er noch immer von ihnen schwärmt. Hoffentlich kann ich irgendwann noch viel mehr davon verspeisen! Die Menschen aus Aachen, die ich bisher im Rahmen der Vorbereitungen zu den Preisverleihungsfeierlichkeiten erleben konnte, lassen meine Vorfreude jedenfalls auf nächstes Jahr wachsen!“

Was sind Ihre Pläne für das kommende Jahr?

Bodrožić: „Ich habe keine Pläne. Wer Pläne hat, der wird in diesen Zeit bestimmt wieder vom lieben Gott ausgelacht und ich ziehe das stille Zwiegespräch ja ohnehin vor.“

Marica Bodrožić kam 1973 in Dalmatien zur Welt. 1983 siedelte sie nach Hessen über. Sie schreibt Gedichte, Romane, Erzählungen und Essays. Für ihre Bücher erhielt sie zahlreiche Preise und Stipendien, darunter den Förderpreis für Literatur der Akademie der Künste in Berlin, den Kulturpreis Deutsche Sprache, den Literaturpreis der Europäischen Union und zuletzt für den Band „Mein weißer Frieden“ den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung 2015. Im November 2020 wird Marica Bodrožić ferner mit dem Walter-Hasenclever-Literaturpreis der Stadt Aachen ausgezeichnet. Marica Bodrožić lebt als freie Schriftstellerin in Berlin.
Marica Bodrožić hat sich digital für die Auszeichnung bedankt. Der kurze Film ist auf den Seiten der Stadt Aachen unter der Internet-Adresse www.aachen.de/hasenclever zu sehen.

Foto © Peter van Felbert