Im dritten Jahr nach der Zerstörung des Stadtarchivs kehrt die Stadt Stolberg mit einer regelmäßigen Meldung aus ihrer Arbeit als zentrale Gedächtniseinrichtung der Kupferstadt Stolberg zurück. Mit der ARCHIV-POST erzählt das Stadtarchiv aus der Alltagsarbeit, aus der Geschichte oder auch von besonderen Erfolgen, Archivalien oder anderem.

Wieder zurück: „Denkwürdigkeiten des Fleckens Stolberg

…und der benachbarten Gegend, in vorzüglicher Hinsicht auf seine Messingfabriken“ lautet der Titel eines der wichtigsten Buchwerke der Stolberger Geschichte. 1816 erschien das Werk, das von einem Anonymus als einem „Einsiedler“ verfasst worden war. Vermutlich schnell wurde es ein offenes Geheimnis, dass Johan Adolph Peltzer als Mitglied einer alteingesessenen Kupfermeisterfamilie der Verfasser war, wie es auch handschriftlich auf dem Titel ergänzt worden war.

Das kleine, in Aachen gedruckte Werk war einst Teil der damaligen Verwaltungsbücherei, wie Inventar-Nr. und Stempel des „Bürgermeisteramts“ verraten. Irgendwann ist es unter ungeklärten Umständen verschwunden, fand aber über die berühmten ‚Umwege‘ den Weg zurück ins Stadtarchiv als Hüter des historischen Schriftguts Stolberger Geschichte. Das seltene Werk ist nun wieder als Original auch im Stadtarchiv nutzbar, und es hat einen ganz besonderen Zusatzwert: Zu einem späteren Zeitpunkt wurden drei handschriftlich beschriebene Seiten eingebunden, die vom unbekannten Autor als „Nachträgliche Notizen“ überschrieben wurden. Zahlreiche weitere leere Seiten hätten für weitere Einträge Platz bereitgehalten. Es wurden verschiedenste historische Begebenheiten des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts ergänzt, die so nur ein Zeitgenosse, vielleicht der Autor selbst, aufgreifen konnte.

Im eigentlichen Werk wird kurz die Geschichte und Geographie Stolbergs beschrieben. Im Hauptteil geht es um die Darstellung der damaligen Verhältnisse der Stolberger Messinghütten. In Zeiten zunehmender internationaler Konkurrenz sahen sich auch die Stolberger Kupfermeister bei der jeweiligen Obrigkeit für ihre Sache zu werben – Lobbyarbeit zu machen, wie man heute sagt. Johann Adolf Schleicher hatte 1803 eine ähnliche Abhandlung für die französischen Behörden verfasst, Peltzer folgte 1816 mit seiner Darstellung für die neuen preußischen Landesherrn. Da es um die gemeinsame Sache ging, nahm er sich wohl als Autor und einzelner Unternehmer zurück und publizierte daher anonym. Das Kompendium umfasst summarisch gelistet 33 Schmelzhütten in Stolberg, 30 Messingmühlen im heutigen Stadtgebiet und weitere Anlagen darüber hinaus. Die heute als Kupferhöfe und Kupfermühlen bekannten Baudenkmäler sind das besondere und einzigartige Kulturerbe Stolbergs.

Nun noch ein Blick in die handschriftlichen Ergänzungen: Der unbekannte Autor lüftet das Geheimnis um die Gründung des Hotels Scheufen im Steinweg, das bis zum Abbruch 1959 ein äußerst beliebter Veranstaltungsort für Feiern, Versammlungen, Theaterspiel und Kirmessen war. Das Hotel wurde 1839 von Gottfried Hissel erbaut und nannte sich daher bis 1868 Hotel Hissel. Im Frühling 1837 gab es „beständiges Schneewetter“, das den Schnee fast 2 Meter auftürmte. In Zweifall fand ein Junge ein Amselnest mit drei Eiern, auf dem „das Weibchen eingeschneit und erstarrt lag“. Eine weitere Notiz beschreibt den Fund einer römischen Bildsäule in Breinigerberg: Ein Galmeigräber habe die Metallfigur eines Herkules‘ im Boden entdeckt. Diese und weitere kleine „Merkwürdigkeiten“ aus Stolberg und Umgebung machen das Büchlein zu einem umso besonderen Archivale Stolberger Geschichte.