Seit Frühjahr 2019 ist das Suermondt-Ludwig-Museum Aachen (SLM) schon geschlossen. Erst wurde eine neue Klimaanlage eingebaut, dann kam Corona. Die große Dürer-Ausstellung wurde vorsorglich auf Sommer 2021 verschoben. Aber wie ist der aktuelle Stand der Dinge im Haus? Um der Öffentlichkeit wenigstens einen kleinen Einblick zu gewähren, hat Kulturdezernentin Susanne Schwier die Medien und Aachens Erste Bürgerin, Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen, zu einer Zoom-Konferenz eingeladen. Michael Rief, Kustos der Städtischen Sammlung und Stellvertretender Direktor des SLM, beantwortete Fachfragen zur Neukonzeption.

Warum die Betonung auf „Erste Bürgerin der Stadt“ liegt? „Das Besondere an der Geschichte des Suermondt-Ludwig-Museums ist: Es ist ein Haus, das für bürgerschaftliches Engagement steht“, sagt Sibylle Keupen. „Von Beginn an haben Bürgerinnen und Bürger Kunstwerke oder gar ganze Sammlungen gestiftet. Speziell im 19. Jahrhundert sammelte man von der Mumie bis zum Ölgemälde alles, um die Welt in ihrer Gesamtheit zu zeigen. So ist das Haus bis heute zu einem der größten kommunalen Museen in Deutschland gewachsen. Mir ist das Gestalten der Stadt gemeinsam mit der Bürgerschaft sehr wichtig, daher bin ich der Einladung heute sehr gerne gefolgt.“

Susanne Schwier rekapitulierte die Baumaßnahmen: „Herzstück war natürlich der Einbau der neuen Klimaanlage, der für die Umsetzung der Dürer-Ausstellung unumgänglich war. Naturgemäß sieht man davon nicht viel. Aber ich garantiere: Sie läuft perfekt“, betonte Schwier. Aber man habe auch die Gelegenheit genutzt, um zum Beispiel Undichtigkeiten am Dach zu reparieren und die Holzböden aufzuarbeiten. „Überraschend ist auch die frische, verschieden helle Farbigkeit der Wände, das wirkt sehr zeitgemäß und lässt die wertvollen Exponate erstrahlen“, sagte Susanne Schwier.

Bürgerliche Kunstkammer als Leitbild

Das Team des Museums hat die Schauräume im ersten und zweiten Obergeschoss neu inszeniert. (as Erdgeschoss wird erst wieder mit der Dürer-Ausstellung bespielt. „Ausgehend vom Grundgedanken und dem Leitbild der schon bestehenden Bürgerlichen Kunstkammer sind die Räume sowohl in einer Chronologie der verschiedenen Kunstepochen – Spätgotik, Renaissance, Barock, Biedermeier, Empire, Historismus, Expressionismus – als auch themenbezogen eingerichtet“, erklärte Michael Rief das neue Präsentationskonzept. In einer „Asservatenkammer“ der „Museumsdetektive“ würden beispielsweise Fälschungen und später up- und recycelte Kunstwerke gezeigt, erläuterte der Kustos. Die der Kunst des 16. Jahrhunderts vorbehaltenen Säle sind unter Oberbegriffen wie Heilige und Menschen, Glaube, Stifterbild und Porträt, Natur, Alltagsleben, Innen- und Außenraum, Mode etc. eingruppiert. Ein großer Saal ist der sinnenfrohen, ekstatischen Kunst der Gegenreformation (16./17. Jahrhundert) und der daran anschließende Raum im Kontrast dazu den Motiven der römisch-griechischen Götterwelt sowie der weltlichen Ikonografie gewidmet.

Augentäuschende Arrangements

Im Kranz der kleineren Kabinetträume sind holländische, flämische und deutsche Gemälde des 17. Jahrhunderts nach Gattungen gehängt – Genre, Stillleben, Porträts, Seestücke und Landschaften –, kombiniert mit Objekten, die Kontext und kulturhistorisches Umfeld vermitteln: unter anderem Modellschiffe, bemalte Fliesen, ein nautisches Gerät und augentäuschende Arrangements. „Ein Novum, das sicher auch viele Kinder begeistern wird“, sagte Susanne Schwier.

Staunen, Entdecken, Neugierde

Der Bereich des 19. und 20. Jahrhunderts hat deutlich den Fokus auf rheinische und Aachener Künstler gelegt. So überrascht der oberste Stock mit Kunstwerken der Zwischen- und Nachkriegszeit, die teils seit 60, 70 Jahren nicht mehr gezeigt wurden. Die spannungs- und abwechslungsreiche Präsentation führt in den einzelnen Räumen verschiedene Medien zusammen: Große Wandteppiche, Möbel, Gemälde, Skulpturen und Objekte des Kunstgewerbes. „Mit der dichten Neuhängung und Neuaufstellung wollen wir die große Qualität und Reichhaltigkeit der städtischen Sammlung vor Augen führen“, sagt Michael Rief. Staunen, Entdecken, Neugierde, Verblüffung, Sich-Wundern, Nachdenken, aber in erster Linie Vergnügen und Spaß ständen im Vordergrund. So sollen Lernen und Erkenntnis leicht und müheloser transportiert werden können. Über ausstellungstechnische Verweise und die museumspädagogische Erschließung werden Gegenwartsbezüge und die gesellschaftliche Relevanz offengelegt. Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen zeigte sich beeindruckt: „Man kann nur hoffen, dass bald alle Bürger*innen dieses wichtige kulturelle Angebot wahrnehmen können. Und darüber hinaus natürlich alle anderen kulturellen Angebote, die uns sehr fehlen, sei es aus der städtischen oder der freien Szene.“

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