Holzobjekt als historisches Sammlungsgut

Das Rednerpult des Ratssaals-Das Archivgut ist geborgen – was passiert nun? Über die weiteren Schritte zur Wiederherstellung wird das Stadtarchiv in den nächsten Monaten in loser Folge anstelle des gewohnten ‚Archivales des Monats‘ berichten.

Klassisches und übliches Archivgut sind einzigartige Dokumente aus Papier. Doch Stadtgeschichte manifestiert sich auch in Objekten, die das Stadtarchiv verwahrt und sammelt. Das hier vorgestellte Archivale des Wiederaufbaues ist ein Objekt, das genauso einzigartig ist wie das Archivgut und ebenso vom schädlichen Hochwasser betroffen worden. Als 1977 das neue Rathaus mit neuem Ratssaal im umgebauten alten Rathaus bezogen wurde, hatte das alte Mobiliar ausgedient. 1911 fertigte der Stolberger Schreiner Richard Fischer neue Stühle, Tische und ein Rednerpult aus Eichenholz. Die vor dem Hochwasser gefertigte Reproduktion der Entwurfszeichnung zeigt einen lederbezogenen Stuhl. Er weist dieselben gedrechselten, gewundenen Säulen auf. Man hatte 1911 zwar schon seit 25 Jahren den Wunsch, ein neues Rathaus zu errichten, doch die begrenzten finanziellen Möglichkeiten ließen zunächst nur die Vergrößerung und Verschönerung des Saals der Stadtverordnetenversammlung, wie sich die Vertretung der Stolberger Bürgerschaft damals nannte, zu.

Im Schwarzweiß-Foto, reproduziert vor dem Hochwasser, sieht man die Feierstunde des Stadtrats anlässlich des 50jährigen Dienstjubiläums des Stadtkämmerers Heinrich Willems 1966. Am Rednerpult Stadtdirektor Franz Bültmann, links daneben vermutlich Willems. Da diente das Kleinmöbel über 50 Jahre den Vertretern und Vertreterinnen der Stadt Stolberg als Leseunterstützung bei stehenden Redebeiträgen. Fast einhundert Jahre waren vergangen seit den ersten Plänen für einen Neubau, und nach Bezug des modernen Ratssaals wurden die Stühle anderweitig verwendet. Sie werden unlängst mit neuen Bezügen im Sitzungssaal der städtischen Villa Lynen in der Rathausstraße genutzt.

Das nicht mehr benötigte Rednerpult fand den Weg in die Objektsammlung des Stadtarchivs, wo es durch Wasser und Schlamm Schaden erlitt. Trotz der Vorreinigung im Juli 2021 haftete hartnäckiger Schmutz an dem historischen Objekt, und das Wasser hatte die Lasur beschädigt. Dieses wie andere Holzobjekte benötigte keine konservierende Tiefkühlung und wurde so nun erneut behutsam feucht gereinigt. Das angegriffene Holz wurde danach sanft mit Leinöl bearbeitet, das dem Holz Feuchtigkeit, Weichheit, Glanz und Farbe zurückgibt. Reinigung und Politur wurden unter tatkräftiger Unterstützung zweier Schülerpraktikant*innen durchgeführt, die ihr Betriebspraktikum im Stadtarchiv absolvierten.

Das Stadtarchiv beherbergt und sammelt als Historisches Kompetenzzentrum und ‚Gedächtnis der Stadt‘ Akten, Urkunden, Bilder, Bücher, Zeitungen, Nachlässe und andere Sammlungen der Stadtgeschichte. Bis auf Weiteres ist eine Nutzung des Stadtarchivs nicht möglich. Haben Sie allgemeine Fragen oder Erinnerungsstücke der Hochwasserkatastrophe, wie Fotos, Videos, Berichte oder Objekte, die Sie anbieten möchten, kontaktieren Sie das Stadtarchiv unter 02402/13364 oder 13313 oder stadtarchiv@stolberg.de!

Fotos © Christian Altena