„Vertrauen ist die einzige Währung, die jetzt für Mayschoß zählt!“ – Der noch bis zum 30. September 2021 amtierende Ortsbürgermeister von Mayschoß, Hubertus Kunz, war zu Besuch in Herzogenrath und schilderte in bewegenden Worten, die Situation in seinem Dorf und der Ahrregion seit dem Jahrtausendhochwasser am 15./ 16. Juli 2021.
Bürgermeister Dr. Benjamin Fadavian begrüßte gemeinsam mit den Vorsitzenden der Bürgerstiftung, Dr. Heribert Mertens und des Partnerschaftskomitees, Reinhard Granz, den Mayschoßer Ortsbürgermeister Hubertus Kunz im Rathaus. Es war ein rührendes Wiedersehen. Erst kurz vor der Flutwasserkatastrophe hatte der Herzogenrather Verwaltungschef seinem Amtskollegen im Ahrtal einen Besuch abgestattet und gemeinsam mit Reinhard Granz eine neue Herzogenrather Fahne zum Aushang an der Saffenburg überbracht. Danach haben sich die Ereignisse im Ahrtal überschlagen. Die Fahne weht noch von der Saffenburg, aber in Mayschoß und vielen umliegenden Ortschaften ist nach dem Hochwasser nichts mehr wie es mal war.
„Keiner von uns kann auch nur annähernd nachvollziehen, wie es unseren Freunden in Mayschoß geht. Das Maß an Leid hat uns sehr betroffen gemacht. Wir haben diese außerordentliche Notsituation umgehend zum Anlass genommen, ein Spendenkonto der Bürgerstiftung Herzogenrath für Mayschoß einzurichten“, so Dr. Fadavian
Der 71-jährige Hubertus Kunz, von Beruf Religionslehrer, ist ein gestandener Politiker, der seit über 49 Jahren aktiv engagiert ist. Er selbst hat durch das Hochwasser sein Haus verloren und hat auf dem Dach seines überfluteten Anwesens stundenlang auf Rettung gewartet. Das war nach seinen eigenen Schilderungen Tag Null in seinem Leben. Ein Tag, der für ihn heute nicht mehr existiert. Er kann sich nur noch daran erinnern, dass er bei seinem ersten Rundgang durch sein zerstörtes Haus und durch Mayschoß nicht mehr reden konnte. Auch die hier sicherlich bekannt und sehr beliebte Winzergenossenschaft wurde zu 100 % geflutet – die Räumlichkeiten wurden wie viele andere Häuser, Brücken und Straßen in Mayschoß vollständig zerstört. Trotz dieser Schicksalsschläge macht er eine beeindruckende Aussage: “Das Todeserlebnis hat mich nicht erschüttert, sondern es hat mir ungeahnte Kraft gegeben, die ich nutze, um Mayschoß wieder in eine Zukunft zu führen. Vertrauen ist jetzt die einzige Währung, die bei uns zählt.“
Er berichtet von einem hervorragend effizient arbeitenden Krisenstab, den er direkt nach dem Ereignis ins Leben gerufen hat, mit Menschen, die nicht traumatisiert waren. Sie unterstützen die wichtige Arbeit vor Ort, machen der Bevölkerung Mut und schaffen Vertrauen. Dabei profitieren seine Mitstreiter auch von seinem Talent, hervorragend „netzwerken“ zu können. In der Dorfkirche wurde kurzerhand ein Versorgungszentrum eingerichtet, das von den Jugendlichen den Namen „St. Rochus Mall“ erhalten hat. Mit einer gut geplanten Logistik konnten die Infrastruktur und die lebensnotwendige Versorgung für alle Menschen vor Ort in kürzester Zeit zur Verfügung gestellt werden. Bereits zwei Tage nach der Flut bat der Krisenstab darum, keine Sachspenden mehr zu übergeben, da diese zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr verarbeitet werden können. Gleiches gilt für den unkontrollierten Einsatz von Helfer*innen, der nur koordiniert sinnvoll abgewickelt werden kann.
Reinhard Granz vom Städtepartnerschaftskomitee: „Alle Menschen, die Sachspenden für Mayschoß und die Region zur Verfügung stellen möchten, können uns diese melden (martina.mertens@herzogenrath.de) und wir werden sie auf einer Liste vormerken. Wenn der Wiederaufbau fortgeschritten ist, können wir dann bedarfsorientiert vermitteln“.Kunz macht keinen Hehl daraus, dass ein enormer Kraftakt für alle Beteiligten im Wiederaufbau liegen wird. Problematisch sei die derzeitige Situation u.a. auch, da die meisten Führungskräfte in der betroffenen Ahrregion traumatisiert seien.„Die Ahr hat uns gezeigt wieviel Platz sie braucht…wenn wir so weitermachen wie bisher“, damit bringt Kunz die fortgeschrittene Renaturierung der Flüsse auf den Punkt. Die Natur vergisst solche einschneidenden Eingriffe nicht. Deshalb müssen für den Wiederaufbau der Ahr neue Wege beschritten werden.
Der Vorsitzende der Bürgerstiftung, Dr. Heribert Mertens, kann mit seiner Nachricht zum Mut machen beitragen: „Aktuell haben wir über 400.000 Euro für Mayschoß an Spendengeldern. Bisher konnten wir über 1.200 Spendeneingänge aus dem ganzen Bundesgebiet verzeichnen. Und natürlich hoffen wir, dass es noch viel mehr wird!“ Die Spendengelder werden Mayschoß 1:1 ausgezahlt, da keine Verwaltungskosten entstehen. Die Verwaltung erfolgt dann direkt durch Hubertus Kunz und dem Krisenstab in Mayschoß. Jede Spende ist nach wie vor willkommen!
Die Bankverbindung lautet:
Kontoinhaber: Bürgerstiftung Herzogenrath
IBAN: DE 29 3916 2980 1017 1970 25
BIC: GENODES1WUR
VR-Bank eG Würselen
Ortsbürgermeister Kunz will nicht den Kopf in den Sand stecken. Er blickt wieder nach vorne und hat auch schon Vorstellungen von Projekten, die er in einem wiederaufgebauten Mayschoß anstrebt, wie z.B. eine Art Tafel für bedürftige Menschen. Auch wenn er sein Amt Ende September niederlegt, ist seine Tatkraft ungebrochen. Kunz zitiert eine Passage aus dem Matthäusevangelium: „Wenn der Blinde den Blinden führt, fallen beide ins Loch.“ Umso wichtiger ist es für die Hochwasseropfer, jemanden zu haben, der Augen hat, um sie aus der Misere zu manövrieren. Hubertus Kunz ist eine unglaublich tapfere und starke Persönlichkeit, die diese Gabe hat. Ihm und allen Helferinnen und Helfern vor Ort gilt unser Respekt und unsere Anerkennung für ihren selbstlosen Einsatz!
Foto: Petra Baur/Pressestelle Stadt Herzogenrath