Seit 2014 ist der Rheinische Karneval Teil des immateriellen UNESCO-Weltkulturerbes der Menschheit– und damit auch das Brauchtum Öcher Fastelovvend.

Der organisierte Karneval in Aachen begann mit der Gründung des ersten Karnevalsvereins „Aachener Karnevals Florresei“ im Jahr 1829. Rund um die beiden Symbolfiguren Prinz Karneval und Märchenprinz – in ihren Formen regional einzigartig – stieg die Stadt schnell zu einer der karnevalistischen Hochburgen in Deutschland auf. Nach den exklusiven Karnevalsfesten im 19. Jahrhundert entwickelte sich – bedrängt durch Krisen und Krieg – der Karneval zwischen den Weltkriegen wieder zum volkstümlichen Brauch. Wie tief dieser in der Aachener Seele verwurzelt ist, tritt in der Nachkriegszeit zu Tage: Bunt und laut kehrten die Aachener Narren ins Leben zurück. Sie verliehen „ihrem Fastelovvend“ zwischen dem karnevalistischen Treiben im Grenzland und dem Rheinischen Karneval ihren eigenen Anstrich. Der bürgerliche Karneval mit einem zentralen Umzug, dem Prinzen Karneval als Personifizierung des Frohsinns und anderen Festelementen wird bis heute nahezu unverändert organisiert. Die vier Städte Aachen, Bonn, Köln und Düsseldorf betonten in ihrer gemeinsamen Bewerbung bei der UNESCO auch ihre jeweiligen Schwerpunkte. So hat Aachen den in Deutschland einzigartigen Kinderkarneval mit dem Märchenprinzen und seinem großen Umzug als Höhepunkt am Karnevalssonntag. Hinzu kommt die geografische Lage im Dreiländereck und damit die Verbindung zu den belgischen und niederländischen Karnevalsfreunden und ihren jeweiligen Traditionen.

„Der Aachener Karneval ist bunt, vielschichtig. integrativ sowie inklusiv und bietet für jeden eine Facette und das im Herzen des Dreiländerecks. Aachen wurde durch die Närrische Europäische Gemeinschaft nicht ohne Grund zur erstem närrischen Kulturstadt Europas in 2020 und 2021 ausgerufen. Egal ob als bekennender Jeck der feiert oder nur als jecker Konsument ist für alle etwas dabei“, betont Frank Prömpeler, Präsident FestAusschuss Aachener Karneval.

Jahr für Jahr beginnt am 11.11. für tausende Närrinnen und Narren die „Fünfte Jahreszeit“. Bis Aschermittwoch ist Karneval oder wie der Einheimische zu sagen pflegt: „Fastelovvend“. Doch hinter der ausgelassenen Narretei steckt viel mehr als feiern, singen und „3x Oche Alaaf!“ rufen.

Seinen Ursprung hat das Karnevalstreiben im christlichen Glauben. Das Brauchtum Karneval/Fasching/Fastnacht beschreibt die Nacht vor dem Beginn der Fastenzeit am Aschermittwoch. Für gläubige Christen ist der Karneval bis heute das Symbol für den Beginn der 40-tägigen Fastenzeit vor dem Osterfest. 

Viel Kraft und Tradition steckt im lokalen Karneval. Es war die Öcher Ablehnung und Verballhornung des Militärs zu Napoleons Zeiten in Aachen. Die Aachener zeigten ihre Ablehnung, indem sie – etwa vor der französischen Kaserne an der Elsassstraße – in Lumpenkostümen, die Uniformen nachempfunden waren, Schmählieder sangen und den militärischen Gruß der Besatzer parodierten.

Solche Geschichten und noch viel mehr erzählte 2018/2019 die Ausstellung „Pratschjeck op Fastelovvend – Karneval in Aachen“, die aus Anlass des Europäischen Weltkulturerbejahres der UNESCO im Centre Charlemagne zu erleben war.

Karneval ist ein echtes Volksfest, das im Rheinland seit dem 13. Jahrhundert gefeiert wird. In allen sozialen Schichten und Altersgruppen ist der Karneval wie eine Klammer, die die Menschen zusammenhält. Migration und Inklusion werden im Karneval selbstverständlich gelebt. Die Umsetzung des Festes hat viele verschiedene Facetten, mit regionalen Prägungen und tiefer Historie.

Im Kulturhaus Barockfabrik leitet Udo Rohner das Archiv vom FestAusschuss Aachener Karneval. Unter den tausenden Orden, Plakaten, Presseartikeln, Kostümen und Kopfbedeckungen befindet sich auch die Prinzenmütze (siehe Foto) des Aachener Prinzen 1934, Ludwig III. Pirnay, Großvater von Rolf I. Pirnay (1. Märchenprinz 1951). Bis Aschermittwoch präsentiert das AAK-Archiv dieses und ausgewählte andere Schätze auf Facebook und Instagram „Kulturhaus Barockfabrik“. Die große Ausstellung närrischer Auszeichnungen in der Aachener Bank fällt in dieser Session coronabedingt aus. Für das kommende Jahr ist in Planung, das Archiv der interessierten Öffentlichkeit im Rahmen von Führungen zugänglich zu machen.

Informationen unter www.aak-aachen.de.

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