Musikalisch-literarische Reise rund um „Mozart und die Frauen“

Brieftexte wie „Dies Herz wird immer für dich schlagen“ und Fantasien in c-Moll von Wolfgang Amadeus Mozart beflügelten am Sonntag, 2. Juni, das Publikum bei der ausverkauften musikalisch begleiteten Lesung „Mozart und die Frauen“ im Ballsaal des Alten Kurhauses.

Die 76-jährige Schauspielerin Hannelore Hoger und Pianist Sebastian Knauer gastierten hier in der Reihe „Wort trifft Musik“ des Kulturbetriebs Aachen. Die literarische Reise im prächtigen Ambiente von Aachens wohl schönstem Saal führte zurück ins Salzburg von 1829. Die 64-jährige Constanze Mozart erhielt Besuch vom englischen Verleger Vincent Novello, der eine Mozart-Biographie schreiben und dazu Informationen aus erster Hand über den Komponisten erhalten wollte. Constanze, die drei Jahre zuvor auch ihren zweiten Mann, den dänischen Staatsrat Georg Nikolaus von Nissen, verloren hatte, wollte ihm dienlich sein und vertiefte sich in die von ihr aufbewahrten Briefe ihres ersten Mannes. Beim Lesen wurden Erinnerungen an ihre Ehe mit Mozart wach, in der es oft Streit und Eifersuchtsszenen gegeben hat. Sie dachte darin zurück an mehrere Frauen, die in Mozarts Leben eine wichtige Rolle gespielt haben und begann einen Dialog mit ihrem ersten Mann. Die dargebotenen Texte wurden von Wolfgang Knauer bearbeitet.


„Er war Ehemann, zeugte vier Kinder, pflegte der Liebe treulich, und auch außer der Ehe gab es manche Galanterie, was ihm seine gute Frau gern übersah.“ – So steht es in der Mozart-Biografie, die Georg Nikolaus von Nissen, der zweite Ehemann der Mozart-Witwe Constanze, wenige Jahre nach dem Tod des Komponisten geschrieben hat und die 1828 in Leipzig veröffentlicht wurde.  Dass Frauen in Mozarts Leben eine wichtige Rolle gespielt haben, ist nie ein Geheimnis gewesen. Sowohl vor als auch nach seiner Hochzeit mit Constanze Weber hatte er weibliche Bekanntschaften, die über bloße gesellschaftliche oder berufliche Kontakte hinaus gingen und in mehr oder minder flüchtigen Liebesbeziehungen endeten. Der Reigen reicht von seiner Jugendliebe, der Augsburger Cousine Marianne Thekla, von der die Nachwelt Kenntnis aus den berüchtigten „Bäsle-Briefen“ hat, bis zu Mozarts „englischem Mädchen“, der Sopranistin Nancy Storace, der ersten Susanna im „Figaro“, für die er eigens die berühmte „Rosenarie“ komponierte.   

Die größte Liebesenttäuschung verband ihn mit Constanzes Schwester Aloisia, einer gefeierten Sängerin seiner Zeit, die er in Mannheim kennen lernte und die ihm auch, nachdem sie ihm einen Korb gegeben hatte, nicht gleichgültig blieb. Kurz nach  seiner Hochzeit führte er im Wiener Fasching eine selbst komponierte  Commedia dell’ Arte-Pantomime auf, in der er den Harlekin und   Aloisia die Colombine tanzte. Diese Szene lieferte den Titel zu dem  Programm. Hinter die Maske des Harlekins oder auch des (im damaligen Wiener  Volkstheater  sehr beliebten) Hanswurst zog sich Mozart oft zurück.   Seine derben und groben Späße, deren nicht selten animalischer Charakter im diametralen Gegensatz zu seiner Musik stand, schienen   ihm als eine Art Schutzschild zu dienen, hinter dem er seine Verletzlichkeit und seine Angst vor Liebesentzug zu verbergen suchte.

Nach rund anderthalb Stunden intensivem Literatur- und Musikgenuß applaudierte das Publikum begeistert und bot den beiden Akteuren stehende Ovationen. Die vielen Autogramm- und Fotowünsche erfüllte die beliebte Schauspielerin Hannelore Hoger trotz Termindruck nur zu gerne.

Zwei weitere hochkarätige Veranstaltungen in der Reihe „Wort trifft Musik“ gibt es darüber hinaus in diesem Jahr im Ballsaal des Alten Kurhauses: Am 16. November um 20 Uhr sind Schauspielerin Thekla Carola Wied und Pianist Stanley Schätzke mit dem Programm „Stürmische Zeiten“ zu Gast. Am 24. November um 20 Uhr tritt mit Schauspieler Sebastian Koch ein echter Hollywood-Star auf. Gemeinsam mit Anna Buchberger am Klavier und Erik Schumann an der Violine präsentiert er die  „Kreutzersonate“, eine Novelle von Leo N. Tolstoi, benannt nach Ludwig van Beethovens populärer Violinsonate A-Dur op. 47, die dem französischen Geiger Rodolphe Kreutzer gewidmet ist. „Sebastian Koch ist einer der begnadetsten deutschen Darsteller. Kein Wunder also, dass auch schon Hollywood an seine Tür klopfte“, ist Irit Tirtey, Kaufmännische Geschäftsführerin des Kulturbetriebs Aachen, begeistert über den Stargast.

Koch stand für „Unknown Identity“ neben Liam Neeson, Diane Kruger und January Jones vor der Kamera, er verkörperte den Gegenspieler von Bruce Willis in „Stirb Langsam – Ein guter Tag zum Sterben“, ergatterte eine kleine Rolle im Serienkracher „Homeland“. „2015 spielte er gleich in zwei Filmen mit, die 2016 für einen Oscar nominiert waren, „The Danish Girl“ und „Bridge of Spies – Der Unterhändler“, erzählt Tirtey. Und der von Jakob Josef Couven geschaffene, lichtdurchflutete, prachtvolle Ballsaal hat den richtigen Rahmen für solch unvergessliche Kulturerlebnisse im größeren Kreis.