„Es braucht absolute Hingabe, um auf den Bühnenbrettern zu bestehen“

Der 56-jährige Roman Kohnle ist seit 2012 Dozent und Regisseur an der Theaterschule Aachen.
Am 14. Dezember feiert er mit seiner aktuellen Inszenierung, dem Weihnachtsmärchen „Peter Pan“ Premiere.

Herr Kohnle, was treibt Sie in Ihrer Arbeit an?

Kohnle: „Den Gehalt der Texte mit denen wir arbeiten, zusammen mit den Studierenden, zu erforschen. Damit zu experimentieren und zu unserer eigenen Gestaltung zu finden. Zunächst habe ich einen Text, einen Raum und eine Gruppe Menschen. Das Experiment beginnt mit der
Leseprobe und findet nach und nach eine Gestalt. Es ist ein sehr spannender Vorgang.“

Wie kam es zu Ihrer Leidenschaft für das Theater?

Kohnle: „Als ich gespürt habe, dass ich „Spielen“ auf der Bühne so ernst nehmen kann, wie eine Aufgabe in der realen Welt. Das geht aber nur wenn ich einen Text habe, der das ermöglicht und ein entsprechendes Arbeitsumfeld. Das erste Mal, an das ich mich erinnere, war das, als ich als sechzehnjähriger Laie, eine kleine Rolle in „Eiche und Angora“ am Stadttheater in Bonn spielen durfte. Später hatte ich dieses Erlebnis nicht immer, aber immer wieder. Wenn das möglich ist, erlebt man so etwas wie das „Fliegen“ in Peter Pan.“

Was erwartet das Publikum beim Weihnachtsmärchen, der Inszenierung von „Peter Pan“?

Kohnle: „Schöne Lieder, wilde Kampfszenen, eine freche Fee und viel Poesie. Der Kern der Geschichte ist die Abenteuerlust, die wunderbare Fantasie- und Gefühlswelt der Kinder,
die erwachsen werden und Kind bleiben wollen. Bei „den verlorenen Jungen, die aus dem Kinderwagen gefallen sind“ und mit Peter Pan auf Nimmerland ihre Kämpfe bestehen, denke ich aber auch an die Kinder, die keine Eltern und keine Kindheit haben – an die in den Kinderheimen, an die auf der Flucht, oder in den Lagern. Von denen war auch der Autor J. M. Barrie inspiriert.“

Wie ist Ihr beruflicher Werdegang verlaufen?

Kohnle: „Ich komme aus Schwäbisch Gmünd und durfte an der, damals sehr renommierten, Westfälischen Schauspielschule Bochum studieren und habe dann an verschiedenen Bühnen (Schauspielhaus Bochum, Düsseldorfer Schauspielhaus, Theater Lübeck, Oldenburgisches Staatstheater, Theater Freiburg, Grenzlandtheater und Theater Aachen) sowie auch vor der Kamera Erfahrungen gesammelt. Ich hatte die Chance mit einigen sehr guten Regisseuren viele, große Rollen zu erarbeiten, in allen möglichen Genres vom „Hamlet“ über Hauptrollen in Musicals und Komödien, bis zum zeitgenössischen Drama. Ab 2012 wollte ich aus familiären Gründen nicht mehr von Theater zu Theater durch die Republik ziehen – und nahm das Angebot der Theaterschule Aachen an, zu unterrichten und Stücke mit den Schülern zu erarbeiten.“

Wie kann man jungen Menschen das Rüstzeug für die Bühne vermitteln?

Kohnle: „Es ist viel Technik wie Körper, Stimme und Sprache nötig. Aber ich versuche im Wesentlichen, den Studierenden anhand der Texte und Rollen, in der Praxis ihre persönlichen Stärken und Schwächen beim Spiel, erkennen und individuell zu entwickeln zu lassen. Sie lernen nicht nur von mir, sondern auch von den anderen und natürlich durch die Aufführungspraxis.“

Was braucht es, um auf den Bühnenbrettern zu bestehen?

Kohnle: „Es braucht absolute Hingabe und Geistesgegenwart, um auf den Bühnenbrettern zu bestehen – Neben den Schauspieltechniken, die wir lehren.“

Gibt es eine Lieblings-Inszenierung für die Theaterschule?

Kohnle: „Angefangen mit dem kleinen wunderbaren Einakter „Die Laune des Verliebten“ von Goethe, habe ich in den vergangenen Jahren „Amphitrion“(Kleist), „Sommernachtstraum“ (Shakespeare), „Kasimier und Karoline“ (Horvat), „Unschuld“ (Loher), „Die Kuh Rosmarie“ (Beyeler), „Minna von Barnhelm“ und „Emilia Galotti“ (Lessing), „An der Arche um Acht“ (Hub), „Faust“ (Goethe), „Ghetto“ (Sobol), „Dschungelbuch“ (Kipling), „Nathan der Weise“ (Lessing) und nun „Peter Pan“(Barrie) inszeniert. Es ist immer wieder eine neue, eine besondere Inszenierung – sonst geht es nicht. Im Augenblick dreht sich alles um „Peter Pan.“ Man muss immer 100 Prozent bei dem sein, was man gerade macht. Das meine ich mit Hingabe.“

Wer ist für Sie ein Vorbild?

Kohnle: „Kein einzelner Regisseur oder Schauspieler. Aber immer wieder begeistern und inspirieren mich Künstler, die ich erlebe, in Aachen oder sonst wo auf der Welt: Von Zadek über Heino Cohrs bis Gary Oldman und manchmal auch der/die eine oder andere meiner Studenten und Studentinnen!“

Was mögen Sie in Ihrer Freizeit?
Kohnle: „Literatur, Musik und Sport sind privat mein Ausgleich.“

Weihnachtsmärchen „Peter Pan“
Premiere am Montag, 14. Dezember, um 15 Uhr; weitere Termine: 14. Dezember um 17:30 Uhr sowie 15. bis 18. Dezember jeweils um 15 und um 17:30 Uhr
im Space Ludwig Forum Aachen, Jülicher Straße

„Alle Kinder werden erwachsen – außer einem“
Wenn Peter Pan durch das Fenster ins Kinderzimmer fliegt, beginnt die Geschichte nach J. M. Barrie, die seit über einem Jahrhundert die Fantasie von Kindern und Erwachsenen beflügelt und ihre glühende Sehnsucht nach fernen Abenteuern stillt.
Ein musikalisches Familien- und Feenstück für Mädchen und Jungen ab vier Jahren
Besuch ist auch für Kindergarten- oder Schülergruppen möglich.
Infos unter www.theaterschule-aachen.de.

Foto © Roman Kohnle