Mit „Ya Estamos Aquí“ (spanisch für: Wir sind schon hier) präsentiert das Ludwig Forum Aachen bis 26. Februar 2023 die erste Überblicksausstellung von Belkis Ayón (Havanna, Kuba, 1967–1999) im deutschsprachigen Raum. Anhand einer Auswahl von rund siebzig Arbeiten, die im Zeitraum von Mitte der 1980er bis Ende der 1990er Jahre entstanden sind, werden wesentliche Schaffensperioden der Künstlerin vorgestellt. Die Figuren, Symbole und Rituale ihrer Collagrafien sind allesamt dem ausschließlich Männern vorbehaltenen afro-kubanischen Geheimbund Abakuá entlehnt, mit dem sich Ayón Zeit ihres Lebens intensiv beschäftigte. Vorstellungen von Synkretismus, also von der Verschmelzung verschiedener Glaubenssysteme, von Gleichberechtigung sowie von hierarchischen Machtstrukturen, führt sie in ihren persönlichen Bearbeitungen der Abakuá Mythologien zusammen. Für ihre aktualisierten Darstellungen des Mythos nutzte sie das Verfahren der Collagrafie – eine Drucktechnik, bei der collagierte und strukturierte Materialien in mühevoller Kleinarbeit auf eine Kartonmatrize geschichtet werden. Ayón hatte die Collagrafie bereits während ihres Studiums in der Academie Nacional de Bellas Artes San Alejandro für sich entdeckt und im Zuge ihrer kurzen Karriere mit großer Präzision zur Meisterschaft entwickelt. Die Ausstellung führt die Besucher*innen von den frühen, zum Teil noch farbigen Arbeiten aus der Studienzeit (1982–1991) der Künstlerin, über die mehrteilige, 1995 für eine Ausstellung im nahe Aachen gelegenen Breinig gefertige Serie Via Crucis (Kreuzwegstationen), zu den verstärkt raumbezogenen und abstrakter gehaltenen Collagrafien der zweiten Hälfte der 90er Jahre. Ausgehend von neunzehn Drucken und drei Matrizen aus den frühen 1990er Jahren, die Teil der Sammlung Peter und Irene Ludwig am Ludwig Forum Aachen sind, wird die Ausstellung durch Leihgaben aus dem Nachlass von Belkis Ayón sowie eine Auswahl von Ephemera und Archivmaterialien erweitert. Belkis Ayón befragte, wie sie selbst sagte, immerzu „das Menschliche, das flüchtige Gefühl, das Spirituelle“ – Themen, die mit Ya Estamos Aquí nun einem breiten Publikum eröffnet werden.
Kuratiert von Eva Birkenstock und Annette Lagler

Assistenzkuratorin: Ana Sophie Salazar

Ausstellungsgestaltung: Studio Manuel Raeder, Berlin

Rahmenprogramm

Die Sammlungspräsentation „Palmipeda“ wurde anlässlich der Ausstellung von Belkis Ayón (1967–1999) konzipiert. Ausgangspunkt bilden die Freundschaften zwischen Belkis Ayón und den Künstler*innen Sandra Ramos (*1969) und Tonel (*1958), deren Arbeiten in den Räumlichkeiten des Ludwig Forum Aachen um die anderer kubanischer Künstler*innen, die zu Ayóns Lebzeiten aktiv waren, erweitert werden. In den neu eröffneten Grafikkabinetten des Museums entfaltet sich ein spezifischer künstlerischer Kontext des Kubas der 1980er und 1990e Jahre. Mit Werken von José Bedia, Carlos Estévez Carasa, Ramón Pacheco Salazar, René Peña, Sandra Ramos und Tonel.
Die Sammlungspräsentation erstreckt sich weiter in die Eingangshalle. Mit Werken von Lygia Clark, Siron Franco, Lady Pink und Lee Quiñones.
Darüber hinaus wird demnächst auch das gesamte zweite Stockwerk des Ludwig Forum Aachen mit Werken von Juan Pablo Ballester, María Magdalena Campos-Pons, Humberto Espíndola, René Francisco Rodríguez, Mónica Girón, Eduardo Ponjuán González, Ricardo Rodríguez, José Angel Toirac, Tonel, Tunga, Emmanuel Nassar, Ileana Villazón und Adriana Varejão eröffnet.
Kuratiert von Ana Sophie Salazar

Informationen unter www.ludwigforum.de.

Foto © TOP Aachen