Internationale Kooperationen, Neuentdeckungen, Sammlungserweiterungen, Festivals und Diskurs – Eva Birkenstock stellt im Ludwig Forum Aachen das Programm für 2022 vor. Seit Oktober 2022 leitet Eva Birkenstock als Direktorin das Ludwig Forum Aachen, nun hat sie das Ausstellungsprogramm für 2022 vorgestellt. Anbei die Ausstellungen im Überblick.

Rosemary Mayer: Ways of Attaching

Ausstellungs- und Publikationsprojekt

05.03.-22.05.2022, Eröffnung: 04.03.2022 19 Uhr

Bei „Ways of Attaching“ handelt es sich um die erste umfassende institutionelle Überblicksausstellung der US-amerikanischen Künstlerin Rosemary Mayer (1943-2014). Die Aachener Ausstellung gibt erstmalig einen Überblick über die zentralen Schaffensperioden Mayers – von konzeptuellen Experimenten in Malerei und Sprache zu Beginn ihrer Karriere, über große Textilskulpturen, die, angeregt durch ihre Faszination für den italienischen Manierismus, in den 1970er Jahren entstanden sind, bis hin zu Dauer-Performances und den sogenannten „Temporary Momuments“. Diese unterschiedlichen Perioden werden durch Mayers anhaltendes Interesse am Schreiben und Zeichnen, der klassischen Mythologie sowie an feministischen Diskursen und Netzwerken miteinander verwoben.

Ergänzend zur Ausstellung wird eine Präsentation mit Werken aus der Sammlung Ludwig sowie zwei Publikationen entstehen: zur Eröffnung wird erstmalig ein Band mit einem Briefwechsel zwischen der Künstlerin mit ihrer Schwester – der Dichterin Bernadette Mayer erscheinen, und zum Ende der Aachener Ausstellung eine umfangreiche Monographie zu dieser, lange Zeit in Vergessenheit geratenen Künstlerin.

Kuratiert von Eva Birkenstock mit einem Ausstellungsdisplay von Fotini Lazaridou-Hatzigoga

Die Ausstellung und die Publikationen sind organisiert in Zusammenarbeit mit Marie und Max Warsh aus dem Nachlass von Rosemary Mayer sowie in Partnerschaft mit dem Swiss Institute, New York, dem Lenbachhaus München und Spike Island, Bristol.

Förderer: Kunststiftung NRW, Peter und Irene Ludwig Stiftung, Terra Foundation

Begleitet wird die Ausstellung von einer korrespondierenden Sammlungspräsentation.

reboot: responsiveness – Veranstaltungs- und Performanceprojekt

März bis September 2022

Bei „reboot:“ handelt es sich, um einen mehrjährigen, kollaborativen, zyklischen, antirassistischen und queer-feministischen Dialog zwischen performativen und forschungsbasierten Praktiken. Das 2021 in Düsseldorf und Köln initiierte Projekt wird im Frühjahr 2022 am Ludwig Forum Aachen in Kooperation mit dem Kölnischen Kunstverein seine Fortsetzung finden.

Der erste Zyklus, „reboot: responsiveness“, geht von den Sehnsüchten, Ängsten und Hoffnungen aus, die durch die aktuelle Pandemie verstärkt werden. An zwei unterschiedlichen, jedoch miteinander verbundenen Orten, die sich gegenseitig unterstützen, ergänzen und herausfordern, bietet „reboot: responsiveness“ Infrastrukturen für provisorische Inszenierungen, Proben, prozesshafte Choreografien und Begegnungen rund um Themen wie Präsenz, Intimität, Fürsorge und Verantwortung. Mittels verschiedener Formate und gemeinsam mit weiteren eingeladenen Gästen und dem Publikum in Köln und Aachen werden diese Künstlerinnen und Denkerinnen Wege ergründen, einander Zeit zu widmen und zeitgemäß mit Zeit zu performen, alternative Vokabulare, Archive, Gesten, Bewegungen und Übersetzungen zu entwickeln, Ressourcen und Ideen zu teilen und weiterzugeben, und Modi des Widerstands und des Miteinanders als Antwort auf die aktuelle Situation, in der wir leben, zu finden.

Für das Frühjahr sind Performances, Workshops sowie eine Konferenz geplant.

Konzipiert und initiiert wurde reboot: von Eva Birkenstock, Nikola Dietrich (Direktorin Kölnischer Kunstverein) und Viktor Neumann (freier Kurator, Berlin). Zum Kernkollektiv gehören: Alex Baczynski-Jenkins, Gürsoy Doğtaş, Klara Lidén, Ewa Majewska, Rory Pilgrim, Cally Spooner und Mariana Valencia, Graphikdesign von Sean Yendrys

Förderer: Kunststiftung NRW, Stiftung Kunstfonds, Neustart Kultur

Kerstin Brätsch: PARA PSYCHICS (Arbeitstitel)

Ausstellungs- und Publikationsprojekt

Mai bis Dezember 2022

Die jüngst entstandene Serie „PARA PSYCHICS“ (2020-2021) der mittlerweile in Berlin lebenden Künstlerin Kerstin Brätsch (*1979) wird im Jahr 2022 erstmalig über den Zeitraum von zehn Monaten in vollständiger Form im Ludwig Forum für Internationale Kunst präsentiert. Angelegt als prozessuale, sich (analog zu Brätsch‘ Arbeitsweise) sukzessive erweiternde und verändernde Präsentation, fungieren die einzelnen „Para Psychics“-Zeichnungen dabei wie Karten einer ‚großen Arkana‘. So werden über den Zeitraum von acht Monaten unterschiedliche Teile der Architektur der ehemaligen Schirmfabrik im übertragenen Sinne durch ‚Tarotkartenlegungen‘ aktiviert; zusätzlich werden durch die Dauer der Ausstellung im Verlauf der Präsentation immer wieder neue Bezüge zur Sammlung und zum laufenden Programm eröffnet werden.

Parallel zur Ausstellung wird in enger Zusammenarbeit mit dem Studio Kerstin Brätsch ein umfangreiches Künstlerinnenbuch entstehen, welches bereit im Prozess in Form von Veranstaltungen dem Aachener Publikum vorgestellt wird und im September 2022 erscheint.

Keren Cytter: Ausstellungs-, Publikations- und Festivalprojekt

Sommer 2022

Die aktuell in New York lebende, in Israel geborene Künstlerin Keren Cytter (*1977) anhand einfacher Mittel und experimenteller Erzählweisen menschliche Beziehungen; sie verhandelt Themen wie Liebe, Hass, Sex, Eifersucht, Rache und Gewalt sowie nicht zuletzt die Auswirkungen der Digitalität auf unsere zwischenmenschlichen Interaktionen. Keren Cytter ist vornehmlich als Filmemacherin bekannt, ihre Arbeiten umfassen aber ebenso (szenische) Performances, Theaterstücke, Filme, Skulpturen, Zeichnungen, Publikationen und Kinderbücher sowie die Ausrichtung von disziplinenübergreifenden Festivals. Die Einzelpräsentation im Ludwig Forum für Internationale Kunst wird erstmals alle diese vielseitigen Arbeits- und Interessensfelder der Künstlerin umfassend vorstellen. Als Erweiterung der Ausstellung wird im Juni ein spartenübergreifendes Festival die Außenanlage des Ludwig Forums bespielen, das von Keren Cytter programmiert wird.

Belkis Ayón: N.N.

Herbst/Winter 2022

Belkis Ayón (1967-1999) zählt zu den wichtigsten kubanischen Künstler*innen der Gegenwart. Sie entwickelte die Technik der Collagraphie in einer einzigartigen Perfektion. Ayón studierte am Instituto Superior de Arte de la Habana (ISA) in Havanna und begann ihre künstlerische Laufbahn inmitten der sogenannten „Perdioda Especial“, um damit einer Zeit tiefreifender wirtschaftlicher und ideologischer Krise. Ihre raumgreifenden Graphiken beschäftigen sich mit drängenden Themen der 1990er Jahre in Kuba, die aus diesen Erfahrungen resultierten wie beispielsweise Zensur, Gewalt, Intoleranz, Ausgrenzung, Ungleichheiten, Kontrollmechanismen und Machtstrukturen.

Die Rituale und der Glaube der nur Männern vorbehaltenen Bruderschaft Abakuá diente ihr dabei als Inspiration. Die Darstellung der Göttin Sikán, die von den Männern ihrer Gemeinschaft geopfert wird und von der Künstlerin als Alter Ego betrachtet wird, geht über eine ethnische Identität oder einen geschlechtsspezifischen Ansatz hinaus und führt in eine komplexe Welt von Beziehungen, Emotionen und Konflikten. Belkis Ayón hat unverwechselbare künstlerische Sprache entwickelt, die ethische, ästhetische und ideologische Paradigma zu thematisieren.

Das Werk nimmt eine wichtige Position Belkis Ayón innerhalb der Sammlung Ludwig ein und wird den Ausgangspunkt ihrer ersten bedeutenden Einzelausstellung deutschsprachigen Raum bilden.
Informationen unter www.ludwig-forum.de.
Foto © Stadt Aachen/Rosemary Mayer