Noch bis 24. Oktober läuft im Aachener Siermondt-Ludwig-Museum die Ausstellung „Dürer war hier. Eine Reise wird Legende“. Für die Vorträge im Rahmenprogramm gibt es einen geändertem Ort. Alle drei Veranstaltungen finden nun statt im Centre Charlemagne, Katschhof 1, 52062 Aachen. Anmeldungen zu einem oder mehreren dieser Vorträge sind unbedingt erforderlich unter: vortrag.duerer@mail.aachen.de

Mittwoch, 22. September 2021, 19.00 Uhr
Prof. Dr. Nils Büttner (Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart):
Dürers Realismus oder: was es heißt, die Kunst aus der Natur zu reißen

In den Landschaftsaquarellen, die Dürer von seiner Italienreise mitbrachte, scheint die Landschaft als eigene Bildgattung präfiguriert, ohne dass Dürer die Landschaft je zum zentralen Thema eines Gemäldes oder einer Druckgraphik gemacht hätte. Welche Funktion hatten die Aquarelle? Sollten sie wirklich nur als Studien für die Hintergründe seiner Historienbilder dienen? Welchem Zweck dienten die so mimetisch getreuen Abbildungen eines Feldhasen oder eines Rasenstücks? Und wie fügen sich diese Werke zu Dürers theoretischen Überlegungen, die der Nürnberger Maler zum Beispiel in seinen Vier Büchern von menschlicher Proportion verbreitet hat. Diesen Zusammenhängen ist der Vortrag gewidmet.
Nils Büttner (geboren 1967) lehrt Kunstgeschichte an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. Er ist außerdem Mitglied des „Centrum Rubenianum“ in Antwerpen und Mitherausgeber des „Corpus Rubenianum Ludwig Burchard“, des Werkverzeichnisses von Peter Paul Rubens. Büttner wurde an der Georg-August Universität Göttingen promoviert. Seit 1998 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Göttingen. Nach dem Volontariat am Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig arbeitete er als Ausstellungskurator. Von 2001 bis 2008 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität Dortmund, wo er sich 2005 habilitierte. Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Arbeit sind die deutsche und niederländische Kunst- und Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit sowie die Geschichte von Graphik und Buchillustration. Büttner hat zahlreiche Monografien verfasst, darunter eine vielfach nachgedruckte und in zahlreiche Sprachen übersetzte Monografie über Hieronymus Bosch.  

Mittwoch, 13. Oktober 2021, 19.00 Uhr
Prof. Dr. Birgit Ulrike Münch (Kunsthistorisches Institut Bonn):
Der romantische Dürer – Niederlandereise und Nationalbewusstsein im 19. Jahrhundert

Die Reise in die Niederlande wird gerade in der Kunst des 19. Jahrhunderts sehr breit und vielschichtig rezipiert: Dürer auf dem Boot in Seenot, Dürer beim Zusammentreffen mit berühmten Künstlern im Zunfthaus, in andächtiger Bewunderung des Genters Altars – oder in Erwartung einer Audienz bei der Statthalterin Margarethe von Österreich. Der Vortrag stellt die Frage, warum das noch junge Land Belgien ganz bewusst in seinen Bildern den Bezug zu Albrecht Dürer suchte und andererseits, warum die durch sein Tagebuch so gut dokumentierte Reise nach Antwerpen, Mechelen und Löwen einen so hohen Stellenwert für unser heutiges „Dürer-Bild“ bildet.
Birgit Ulrike Münch, geboren 1975, ist Professorin für Kunstgeschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Studium in Heidelberg, Paris IV und Berlin (FU). Promotion 2007 zu Text, Bild und Konfession der Passion in graphischen Zyklen des 16. Jahrhunderts, Habilitation 2016 zu den Öffentlichkeitssphären von Kunst in Frankreich und den Niederlanden vom 15.-18. Jahrhundert. Forschungsschwerpunkte: Niederländische, deutsche und französische Malerei, Graphik und Skulptur; Künstlersozialgeschichte, Kunst und Konfession, Genese der Genremalerei, Visualisierung von Krankheit und Formen der Angst. U.a. Mitglied des executive boards von FNI (Frühe Neuzeit Interdisziplinär), Vorstandsmitglied des Arbeitskreises für Niederländische Kunst- und Kulturgeschichte ANKK (Vertreterin der Hochschulen) sowie wissenschaftlicher Beirat des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg wie auch von duerer.online – Virtuelles Forschungsnetzwerk Albrecht Dürer. Seit Mai 2021 ist sie Prorektorin für Internationales der Universität Bonn.

Mittwoch, 20. Oktober 2021, 19.00 Uhr
Dr. Christine Hübner (Universität Leipzig):
Künstler und Mensch – Dürer in Literatur und Kunst der deutschen Romantik

Die Quelle romantischer Dürerbegeisterung liegt in Deutschland in Ludwig Tiecks Künstlerroman Franz Sternbalds Wanderungen (1798), der der Reise eines (fiktiven) junger Künstlers und Schülers Albrecht Dürers folgt. Der Weg nach Italien führt ihn durch die Niederlande, wo er in einer Schlüsselszene des ersten Teils Dürer bei Lucas von Leyden trifft, wo beide bei Wein angeregte Künstlergespräche führen. Der Vortrag zeigt, wie Dürer im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts in Deutschland in Künstlernovellen, Theaterstücken, gezeichneten Bilderviten und Kunstwerken Verehrung und Popularisierung erfuhr. Einen Höhepunkt stellten dabei die Feiern anlässlich Dürers 300. Todestages 1828 in Nürnberg dar, wobei Ergebnisse der damals jüngsten Forschungen zu Dürer und der Niederländischen Reise bildkünstlerischen Ausdruck fanden.
Frau Dr. Christine Hübner ist seit 2019 Sammlungskonservatorin an der Kustodie | Kunstsammlung der Universität Leipzig. Sie wurde 2015 an der Universität Erfurt mit einer Arbeit zu „Simon Quaglio – Hoftheatermaler (1795–1878). Studien zur Theatermalerei und zum Bühnenbild in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts“ promoviert. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kunstgeschichtlichen Seminar und der Kunstsammlung der Georg August-Universität Göttingen hat sie gemeinsam mit Professor Dr. Michael Thimann Ausstellungen zur Kunst der deutschen Romantik sowie zur Zeichenkunst des 19. Jahrhunderts kuratiert, darunter auch das Katalog- und Ausstellungsprojekt „Sterbliche Götter. Raffael und Dürer in der Kunst der deutschen Romantik“, dass die für die Romantik zentrale Idee der Freundschaft der Künstler Raffael und Dürer zum Thema hatte.

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