Brigitte Radke, Jahrgang 1952, seit 2002 Vorstandsvorsitzende des Kinderschutzbundes in Aachen.

Top-Aachen:
Liebe Frau Radke, seit wann sind Sie Vorsitzende des Kinderschutzbundes und welche Aufgaben und Ziele haben Sie sich persönlich gesetzt?

Brigitte Radke:
Seit 1998 bin ich im Vorstand des Kinderschutzbundes und wurde 2002 zur Vorstandsvorsitzenden gewählt.
Ich verstehe mich als Lobbyistin für Kinder. Jedes Kind soll die Chance auf ein selbstbestimmtes lebenswertes Leben haben. Da wo es nötig ist, beraten und unterstützen wir Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder.

Meine Aufgaben bestehen zunächst darin, die Finanzierung eines jeden Kindes und die respektvolle Behandlung eines jeden Kindes, so das jedes Kind ein lebenswertes Leben führen kann, Eltern an die Hand zu nehmen und ihnen den richtigen Weg zu zeigen ihre Kinder zu erziehen. Für diese Arbeit steht uns ein Haushaltsetat in Höhe von 650.000 Euro pro Jahr zur Verfügung.
Zwei Drittel dieser Summe stellt uns das Land und die Stadt Aachen zur Verfügung und das letzte Drittel resultiert aus Spendengeldern. Das Spendenaufkommen ist trotz Finanzkriese gleichgeblieben. Viele ansässige Firmen und Stiftungen spenden. Ein nicht unbeachtlicher Teil des Etats wird für fachliche Therapeuten und Berater ausgegeben. Auch die hiesige Geschäftsstelle ist ein wichtiger Faktor in der Beratung.

Top-Aachen:
Der Verein in Aachen hat laut Ihrer Internetseite 650 Mitglieder. Heißt, dass das Engagement in Aachen ist so groß oder die Not der Kinder ist so groß?

Brigitte Radke:
Aus Not wird niemand Mitglied. In der heutigen Zeit ist es schwierig Menschen als Mitglieder zu gewinnen. Aber verglichen zur Bedürftigkeit ist die Zahl an Mitgliedern groß. Wir wünschen uns natürlich sehr, das mehr Menschen Mitglieder werden. Der Jahresmitgliedsbeitrag von mindestens 25,00 Euro ist für uns ein ganz wichtiger und kalkulierbarer Bestandteil unserer Finanzplanung.

Top-Aachen:
Wenn man den Satz “ Kinder in Not“ liest, was muss man sich unter dieser Aussage vorstellen? Ich stelle diese Frage, weil wir ja eigentlich in einem sehr wohlhabenden Land leben.

Brigitte Radke:
Kinderarmut. Kinder die zu Hause wenig Nahrung und Fürsorge bekommen. Eltern, die sich weniger als ein Minimum leisten können. Die Bekämpfung der Kinderarmut ist für uns ein Schwerpunktthema. Es gibt immer mehr Kinder die z.B. ohne Frühstück in die Schule oder in die Kindertagesstätten kommen. Das Projekt der örtlichen Tageszeitung „Aachener Kindern den Tisch decken“ hilft und unterstützt in vielen Fällen. Doch wir brauchen Ganztagsangebote, die für alle Kinder ein kostenloses Frühstück und eine warme Mahlzeit bereithalten.
Kinderarmut bedeutet aber auch an vielen Dingen nicht teilnehmen zu können, z.B. Theater, Schwimmbadbesuche, Zoobesuche oder Musik. Der Zugang zu Bildung hängt in vielen Fällen immer noch vom Geldbeutel der Eltern ab. Das müssen wir schnellstmöglich ändern.

Top-Aachen:
Ich habe eine sehr schöne Kindheit mir meinen Geschwistern in einem stabielen Elternhaus erlebt. Wo liegen Ihrer Meinung nach die Ursachen für die Vernachlässigung von Kindern. Ich kenne leider sehr viele alleinerziehende Eltern.

Brigitte Radke:
Das ist so. Die Familienstruktur hat sich nun mal geändert und wir müssen Bedingungen schaffen, dass alle Kinder, egal ob aus einer Mutter-Vater-Kind-Familie oder von Alleinerziehenden über ausreichende Mittel verfügen, um ein gesundes, gerechtes und Selbstbestimmtes Leben zu führen.

Top-Aachen:
Empfinden Sie unser Land als kinderfreundlich oder kinderunfreundlich?

Brigitte Radke:
Es gibt sowohl positive als auch negative Aspekte. Ich bin überzeugt, dass wir noch viel verändern müssen, um ein wirklich Kinderfreundliches Land zu sein. Ein Land, in dem Kinder im Mittelpunkt stehen, alle Angebote erhalten, um gesund und selbstbewusst aufwachsen zu können. Manchmal hat man leider das Gefühl, dass der Satz „Kinder sind unsere Zukunft“ mehr in Sonntagsreden erwähnt wird als das er tatsächlich Grundlage jedes politischen Handelns ist.

Top-Aachen:
Ihre Schwester Ulla Schmidt war in der vergangenen Koalition Gesundheitsministerin.
Kinder und Gesundheit liegen sehr eng beieinander. Inwieweit konnten Sie gemeinsam für regionale und überregionale Probleme Lösungen finden, was die Lebensqualität der Kinder verbessert?

Brigitte Radke:
Präventionsbereich; Kinder & Gesundheit; Gesundes Essen, Mutter und Kind, im Bereich von Krankheiten bei Kindern, Pflege von Kindern, Pflegezeit für Eltern. Sie hat für uns und andere Verbände Türen geöffnet und einen positiven Schub gegeben.

Top-Aachen:
Was wünschen Sie sich als Vorsitzende des Kinderschutzbundes für die Aachener Kinder?

Brigitte Radke:
Ich wünsche mir für die Aachener bzw. alle Kinder, daß sie unbeschwert aufwachsen können und das sie nicht in Armut verkommen. Weiter wünsche ich mir, noch mehr Mitglieder begrüßen zu dürfen, um mit deren mithilfe noch besser helfen zu können.

Top-Aachen:
Jetzt zu Ihnen persönlich. Wie verbringen Sie gern Ihre Freizeit?

Brigitte Radke:
Ich gehe gerne mit unserem Hund spazieren, mit dem Kinderschutzbund und dem Aachener Kulturleben.

Top-Aachen:
Ihr Schlussatzt für unsere Leser.

Brigitte Radke:
Unterstützen Sie uns, werden auch Sie Mitglied und ein Lobbyist für unsere Kinder. Wir brauchen jeden von Ihnen

Top-Aachen:
Lieben Dank für das Gespräch.

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