Am 22. Januar 2020 besuchte der Aachener Prinz Martin der I. mit seinem Gefolge das Europäische Parlament. Beim Prinzenempfang der Aachener Europaabgeordneten Sabine Verheyen repräsentiert er Aachen. Seit seiner umjubelten Prinzenproklamation mit einem modernen Prinzenspiel mit Showcharakter im Stil der Goldenen Zwanziger hat der Narrenherrscher bereits viel erlebt. Aus dem 44-jährigen Rechtsanwalt Martin Speicher ist damit bis Aschermittwoch der Aachener Karnevalsprinz Martin I. geworden.
Von der Feier des 50-jährigen Bestehens der Närrischen Europäischen Gemeinschaft und dem offiziellen Start für Aachen als erste Närrisch-Europäische Kulturstadt von Europa über unzählige Gala- und Kostümsitzungen und Kneipenkarneval bis hin zum Tollitätentreffen mit den Bonner, Düsseldorfer und Kölner Amtskollegen anlässlich des Beethovenjahres 2020 in Bonn erlebten Prinz Martin I. und sein Gefolge schon viele unvergessliche Momente..

Wie hast Du Dich gefühlt im Konfettiregen bei der Prinzenproklamation?

„Da kann ich meinen Enkelkindern noch von erzählen! Auf der Showtreppe vor 1400 jubelnden Jecken im Europasaal zu stehen, das war ein Moment, den ich ganz genau vor Augen habe. So viele Monate habe ich mit meinem Hofstaat und dem ganzen Team auf das 21-minütige Prinzenspiel hingearbeitet und gefiebert. Ich konnte dank der tollen Beleuchtung wirklich die Gesichter der Jecken im Saal sehen. Auf diesen einen Punkt fokussiert so viel Aufmerksamkeit zu bekommen ist unglaublich. Das ist der ganz große Auftritt für einen jeden Prinzen.“

Was steckt hinter Deinem Motto „Öcher Fastelovvend- AllinKlusiVe“?

„Ich wollte ein Projekt für den guten Zweck, an das man sich auch nach meiner Session noch erinnert und, das einen nachhaltigen Effekt hat. Wir wollen, dass jeder Karneval mitfeiern kann denn das Brauchtum ist bunt – eben „Öcher Fastelovvend- AllinKlusiVe“. Das passt auch zum übergreifenden Sessionsmotto „Alaaf an die Freude“ des Festausschuss Aachener Karneval.
Mein Motto war und ist für mich ein großer Teil meiner Motivation in das ich viel Herzblut gesteckt habe. Für mich ist es wichtig, mich damit zu identifizieren. Für unser Herzensanliegen, den „Fastelovvajong“, verkaufen unsere Teammitglieder Fabian und Tanja Benefizorden, CDs und bunte Socken. Und die „Versockung“ hat sich erfreulicherweise schon breit gemacht in Aachen.“

Was hat es mit diesem Wagen auf sich?

„Dieser Wagen bietet Rollstuhlfahrern samt Begleitung die Möglichkeit, am Rosenmontagszug und am Kinderzug teilzunehmen. Unser Ziel ist nicht nur die Finanzierung des Wagens und der Betriebskosten für diese Session, sondern wir schenken den Wagen anschließend den Aachenern und möchten die Betriebskosten für die nächsten Jahre sichern. Es soll eben keine Eintagsfliege sein, sondern möglichst die nächsten zehn Jahre überdauern. Aktuell schreiben wir einen Wettbewerb aus, den Wagen mitzugestalten und man kann sich für eine Mitfahrt bewerben.“

Wie lebt es sich als Narrenherrscher?

„Die Stimmung ist fantastisch und wir haben alle großen Spaß daran, mit den Menschen zu feiern. Auf vielen Sitzungen und im Kneipenkarneval waren wir jetzt schon unterwegs, bevor die dreiwöchige heiße Phase der tollen Tage beginnt. Nach der Proklamation habe ich einen aufrittsfreien Abend genutzt, um die ersten Eindrücke zu verarbeiten und mir zum Beispiel meine Urkunde und die Insignien anzuschauen. Das muss man erstmal auf sich wirken lassen und verarbeiten. Dazu habe ich mir auch die Aufzeichnung der Proklamation angesehen. Es war wie ein Rausch und ich habe zuvor ja noch nie in der zweiten Reihe, zum Beispiel als Hofstaatmitglied, so etwas miterlebt – für mich ist alles neu.“

Wie schlägst Du derzeit den Bogen zwischen Deiner Arbeit und Deinem Amt?

„Ich bin als selbstständiger Anwalt für Bank- und Kapitalmarktsrecht für alle Fragen rund um Geld und Finanzen juristisch tätig. Die perfekte Organisation im Hintergrund macht es mir bis drei Wochen vor Rosenmontag möglich, tagsüber meiner Arbeit nachzugehen. Abends absolviere ich dann statt wie sonst Veranstaltungen mit Verbänden und Stiftungen, in denen ich Ämter bekleide, nun Auftritte als Karnevalsprinz. Für meine Familie macht das keinen Unterschied. An den Wochenende sind wir bereits überall in Aachen unterwegs und bald gehen wir in die heiße Phase der tollen Tage, wo wir auch im Quellenhof untergebracht sind und uns voll und ganz dem Karneval widmen.“

Welche Rolle spielen Hofstaat und Team?

„Dank der perfekten Organisation kann ich mit voller Leidenschaft Prinz sein, alles ist ja organisiert und ich brauche mich um nichts zu kümmern, als in meinem Ornat zum Treffpunkt zu kommen. Von meinem Adjutanten Andree Brüning über Hofmarschall Wilfried Mandelartz und Prinzenberater Alwin Fiebus bis hin zu den Fahrern und Fotografen hat jeder seine feste Aufgabe, damit das Projekt Prinz gelingt.“

Du trägst kein klassisches Prinzenornat?

„Ja, ich habe mich gegen die klassische Kniebundhose entschieden und trage stattdessen eine lange Hose. Ich mache nichts, was ich nicht bin. Thies Bausch hat die Kostüme für uns entworfen und aus einem Schnittmuster alle Hofstaatkostüme im Zwanziger-Jahre-Stil entwickelt.

Worauf freust Du Dich persönlich ganz besonders bei den insgesamt knapp 420 Auftritten?

„Sicher auf die Orte, wo ich zuvor selbst gefeiert habe, also zum Beispiel bei der Penn und im Burtscheider Pfarrkarneval. Dort einmal mit Federn zu stehen, ist sicher ein ganz besonderer Moment.“

Welchen Bezug hattest Du vor dieser Session zum Karneval?

„Meine Familie und ich feiern gerne Karneval! Bei der Stadtgarde Oecher Penn bin ich ein sehr aktives inaktives Mitglied. Gerne würde ich in der Garde in Uniform aktiv werden, aber das lässt meien Zeit als selbstständiger Anwalt nicht zu. An bis zu vier Abenden in der Woche bin ich in verschiedenen Positionen auch abends unterwegs, zum Beispiel bei den Lions und für Stiftungen. Aber dann kam die Idee, einmal so richtig mitzumachen. Ich habe mir gesagt, einmal kriegst Du das hin eine Session voll aktiv zu sein und dann nicht mit Weißzeug hintendran, sondern so richtig mit Federn vorneweg! Meiner Frau und unseren beiden Töchtern gefällt es sehr, bei vielen Veranstaltungen dabei zu sein. Sie haben derzeit auch einen riesigen Spaß.“

Wie kam es zu der Idee, Prinz zu werden?

„Prinz zu werden, das war nie mein Kindheitstraum, sondern eine Idee, die sich 2016 entwickelt hat und im Pennzelt so richtig konkret wurde. Im Hofstaat sind nicht meine engsten Freunde, sondern Jungs, mit denen ich gerne gefeiert habe, die einfach einen eriesigen Spaß am Karneval haben und, die zum Teil bekannte und erfahrene Karnevalisten sind, wie mein lennet Kann, der ehemalige Richtericher Volksprinz Balam I.“

Wie hat sich das Amt des Prinzen verändert?

„Ich möchte, wie jeder meiner Vorgänger, Freude verbreiten. Durch die modernen, sozialen Medien ist man näher dran am Geschehen. Der prinzliche Tross wird jedes Jahr größer, wir haben diesmal zwei Fotografen dabei, von denen der eine bei Bedarf auch filmt. Der AKV hat die Proklamation mit sechs Kameras live bei Facebook und als YouTube-Live-Stream übertragen. Erstmals wurde die Pripro auch simultan für Gehörlose in Gebärdensprache übersetzt – getreu unserem Motto „Öcher Fastelovvend- AllinKlusiVe“.